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Gelbe KarteiSt. Ilmensee S.CHäftlingsnummerZahlenreihe DatumPar+KreuzBlut von Rurkiewicz3 x 1.0 g PyramidonPigmentinjektion

Dies ist eine Karte der sogenannten Malariakartei. Sie wurde im KZ Dachau zur Verwaltung der Menschenversuche erstellt, bei denen Häftlinge mit Malaria angesteckt wurden. Die Infizierung und der Krankheitsverlauf wurden darauf ausführlich notiert. Da dabei ein vorgegebenes Muster eingehalten werden musste und nur ein Häftlingsschreiber die Kartei führte, sind die Karten sehr ähnlich.

Dies ist eine Karte der sogenannten Malariakartei. Sie wurde im KZ Dachau zur Verwaltung der Menschenversuche erstellt, bei denen Häftlinge mit Malaria angesteckt wurden. Die Infizierung und der Krankheitsverlauf wurden darauf ausführlich notiert. Da dabei ein vorgegebenes Muster eingehalten werden musste und nur ein Häftlingsschreiber die Kartei führte, sind die Karten sehr ähnlich.

Hintergrundinformationen zu KZ-Dokumenten

Weitere Beispiele

Fragen und Antworten

  • Wo wurde das Dokument eingesetzt und wer hat es erstellt?

    Im KZ Dachau führte der emeritierte Medizinprofessor Claus Schilling von Februar 1942 bis Ende März/Anfang April 1945 eine Versuchsreihe durch, bei der ein Mittel gegen Malaria gefunden werden sollte. Für diese Experimente wurden ca. 1100 Häftlinge mit der Krankheit infiziert. Gezielt wurden zunächst Häftlinge der Strafabteilung, dann polnische Geistliche und später vor allem sowjetische und italienische Häftlinge ausgewählt. In den letzten Monaten wurden die Versuche an Häftlingen vorgenommen, die als nicht mehr „arbeitsfähig“ galten, da sie krank oder verletzt waren. Mindestens 95 von ihnen starben, zehn an den direkten Folgen der Malariainfizierung.

    Für jede der Versuchspersonen wurde in der sogenannten Malaria-Versuchs-Station (M.V.S., ab Ende 1942 Malaria-Station) eine Karte angelegt, auf der Untersuchungsergebnisse und verabreichte Mittel eingetragen wurden. Den Namen und die Häftlingsnummer der Versuchspersonen erhielten die Funktionshäftlinge vom Arbeitseinsatz. Eugène Ost erinnert sich in einem Brief an den ITS aus dem Jahr 1968 daran, dass diese Angaben von einem polnischen Grafiker speziell in „gotischer Schrift“ auf die Karten übertragen wurden. Ost war von September 1942 bis April 1945 als Schreiber auf der Malariastation eingesetzt und machte in dieser Zeit alle Eintragungen auf den Karten. Dies erklärt auch, warum auf fast allen Karten dieselbe Handschrift zu finden ist.

    Bei den Malariakarten handelt es sich um einfache Karteikarten mit einem waagerechten und einem senkrechten Strich. Es sind keine Vordrucke, wie es beispielsweise bei der Revierkarte der Fall ist. Die schmale Spalte der Karte wurde allerdings nicht als separates Informationsfeld genutzt, sondern die Angaben wurden meistens über die senkrechte Linie hinweg geschrieben.

  • Wann wurde das Dokument verwendet?

    Die Malariakarten wurden auf der Malaria-Versuchs-Station des KZ Dachau vom Februar 1942 bis zum Einstellen der Versuchsreihe am 5. April 1945 geführt. Zu den Karten gehörten damals auch Fieberkurven beziehungsweise Behandlungsbögen, die jedoch vor der Befreiung verbrannt wurden, um Spuren der Versuche zu vernichten. Auch die Karten der Malariakartei sollten zerstört werden, doch dem Häftlingsschreiber Eugène Ost gelang es, Teile der sogenannten gelben Kartei zu retten. Die sogenannte rote Kartei hatte man bei Recherchen für den Dachau-Hauptprozess im November 1945 in der Wohnung des ehemaligen Häftlings August Vieweg gefunden. Vieweg war eine der ersten Versuchspersonen gewesen. Er muss die rote Kartei an sich genommen haben, als er im April 1945 mit der Auflösung der Station betraut worden war.

  • Wofür wurde das Dokument genutzt?

    Die Malariakarten wurden geführt, um die Versuchsreihen zu dokumentieren. Ziel der Versuche war es, eine Immunisierung gegen Malaria zu finden. Dafür wurden Häftlinge mit Erregern der Malaria tertiana, einer meist nicht tödlich verlaufenden Malariaform, infiziert. Auf den Karten wurde festgehalten, wann ein Häftling in welcher Form infiziert wurde, zu welchem Zeitpunkt sich körperliche Reaktionen zeigten und ob Medikamente gegen die Symptome wirkten. Dafür untersuchte ein polnischer Häftlingsarzt jeden Morgen Blutproben der Versuchspersonen und hielt die Ergebnisse in einem Heft fest. Aus diesem übertrug der Revierschreiber Eugène Ost die Daten in die Behandlungsbögen (auch Fieberkurven genannt) und danach auf die Karteikarten. Die Ergebnisse der täglichen Blutuntersuchungen sind auf den Karten immer nach demselben Muster aufgeführt.

    Die Stempel „gelbe Kartei“ und „rote Kartei“  in der oberen rechten Ecke erklären, zu welcher Kartei die jeweilige Karte gehörte. In der Malaria-Versuchs-Station, die dem Häftlingskrankenbau angegliedert war, wurden nämlich zwei Karteien geführt: Die gelbe Kartei war alphabetisch nach dem Nachnamen der Versuchsperson sortiert, die rote hingegen nach Versuchsgruppen. Die Bezeichnung geht darauf zurück, dass die Originalkarten auf gelbem und rotem Papier geschrieben waren. Die Stempel finden sich daher nicht auf den Originalkarten, sondern nur auf den Mikroverfilmungen. Grundsätzlich unterscheiden sich die Karten der beiden Karteien allerdings nicht voneinander.

    Die heute in den Arolsen Archives zugänglichen Malariakarten wurden von Mikrofilmen rückvergrößert, die Ende der 1960er Jahre zum ITS gelangten. Dieser legte damals im Auftrag des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) Materialsammlungen zu Menschenversuchen in den verschiedenen Konzentrationslagern an. 1960 willigte die Bundesrepublik Deutschland in Entschädigungszahlungen an ehemalige KZ-Häftlinge aus Osteuropa ein, die Opfer der Menschenversuche geworden waren. Das IKRK koordinierte die Zahlungen und der ITS prüfte dafür im Vorfeld die mehr als 6600 Anträge mit den erhaltenen Dokumenten ab. Der ITS führte auch Recherchen in anderen Archiven und Gedenkstätten durch und nahm Kontakt zu ehemaligen Häftlingen auf. So konnte beispielsweise der ehemalige Häftlingsschreiber Eugène Ost viel über die Malariakarteikarten mitteilen. Er war es auch, der 1967 die Originalkarten der Malariakartei an das Archiv der Gedenkstätte Dachau übergab, wo sie bis heute aufbewahrt werden.

  • Wie häufig ist das Dokument?

    Im Bestand der Arolsen Archives sind Kopien von ca. 600 Karten zu 310 Personen erhalten. Teile der Karteikarten konnten im April 1945 nicht gerettet werden, weshalb es nicht für jeden Häftling der mit Malaria infiziert wurde, eine Karte gibt. Zudem sind für die meisten Versuchspersonen mehrere Karten erhalten, da die Experimente an ihnen über einen längeren Zeitraum hinweg durchgeführt wurden.

  • Was ist bei diesem Dokument zu bedenken?

    Die Kartei legt Zeugnis ab von den im KZ Dachau durchgeführten Malariaversuchen. Vergessen werden darf dabei aber nicht, dass auch in anderen Konzentrationslagern zahlreiche Menschenversuche durchgeführt wurden. Es ist anzunehmen, dass auch dort die Verläufe dokumentiert wurden. Allerdings haben sich die Unterlagen nicht in einem solchen Umfang in den Arolsen Archives erhalten wie die Malariakartei.

    Falls Sie weitere Hinweise zu diesem oder einem anderen im e-Guide vorgestellten Dokument haben, freuen wir uns daher sehr über Rückmeldungen an eguide@arolsen-archives.org. Die Dokumentenbeschreibungen werden regelmäßig erweitert – und das gelingt am besten durch das gemeinsame Zusammentragen von Wissen.

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