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Karteikarte aus der Kartothek des Judenrats in Amsterdam

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Die Kartothek des Judenrats in Amsterdam enthält Karteikarten aus verschiedenen Abteilungen des Judenrats. Er war der einzige von den Nationalsozialisten anerkannte Vertreter der jüdischen Gemeinschaft in den Niederlanden. Jede Karteikarte aus der Kartothek enthält persönliche Informationen über niederländische Staatsbürger*innen und im Land lebende Ausländer*innen, darunter viele Flüchtlinge aus Deutschland, die von den Nationalsozialisten als „jüdisch“ kategorisiert wurden. Nach Ende des Krieges wurden die Karten vom Niederländischen Roten Kreuz (NLRC) weiterverwendet, um Informationen über das Schicksal der jüdischen Bevölkerung zu sammeln und Angehörige darüber zu informieren.

Die Arolsen Archives danken Raymund Schütz für seine Hilfe bei der Beschreibung dieses Dokuments.

Die Kartothek des Judenrats in Amsterdam enthält Karteikarten aus verschiedenen Abteilungen des Judenrats. Er war der einzige von den Nationalsozialisten anerkannte Vertreter der jüdischen Gemeinschaft in den Niederlanden. Jede Karteikarte aus der Kartothek enthält persönliche Informationen über niederländische Staatsbürger*innen und im Land lebende Ausländer*innen, darunter viele Flüchtlinge aus Deutschland, die von den Nationalsozialisten als „jüdisch“ kategorisiert wurden. Nach Ende des Krieges wurden die Karten vom Niederländischen Roten Kreuz (NLRC) weiterverwendet, um Informationen über das Schicksal der jüdischen Bevölkerung zu sammeln und Angehörige darüber zu informieren.

Die Arolsen Archives danken Raymund Schütz für seine Hilfe bei der Beschreibung dieses Dokuments.

Hintergrundinformationen zu KZ-Dokumenten

Weitere Beispiele

Fragen und Antworten

  • Wo wurde das Dokument eingesetzt und wer hat es erstellt?

    Der Angriff auf und die Besetzung der Niederlande durch die deutsche Wehrmacht fanden im Mai 1940 statt. Im Anschluss daran verordneten die deutschen Behörden eine Reihe harter antijüdischer Maßnahmen, die das Leben der Betroffenen stark einschränkte.

    Die Kartothek wurde im Herbst 1941 von verschiedenen Abteilungen des Judenrats in Amsterdam angelegt und setzt sich daher aus unterschiedlichen Karteien zusammen. Dies erklärt, warum sich die Karten in Hand- und Maschinenschrift, Tintenfarbe und Stempeln unterscheiden. Ebenso variieren der Ort und die Zeit der Ausstellung.

    Ausgangspunkt der Deportationen der niederländischen Jüdinnen und Juden war das „Polizeiliche Durchgangslager“ Westerbork, das seit Juli 1942 auch „Polizeiliches Judendurchgangslager“ genannt wurde. Der jetzige vorrangige Zweck des Lagers, das von der Niederländischen Regierung bereits 1939 als zentrales Flüchtlingslager eingerichtet worden war, war die Deportation der dort festgehaltenen niederländischen jüdischen Bevölkerung. Zwischen Mitte Juli 1942 und September 1944 verließen die Deportationszüge von dort die Niederlande mit dem Ziel der Konzentrations- und Vernichtungslager im Osten Europas. Die Entscheidung, wer wann deportiert wurde, trafen die deutschen Besatzungsbehörden.

    Der Judenrat in Amsterdam hatte in Westerbork eine Außenstelle, die Antragsvorbereitung, die mit der sogenannten Antragstelle zusammenarbeitete. Jüdinnen und Juden konnten bei der Antragstelle einen Antrag auf Freistellung von der Deportation, auch „Sperre“ genannt, beantragen. Der Judenrat durfte aber nur über die Möglichkeit der Freistellung informieren und beratend tätig sein. Die Entscheidung darüber, welche Jüdinnen und Juden einen der begehrten „Freistellungs-Stempel“ erhielten, durften nur die von den nationalsozialistischen Besatzern betriebene Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Amsterdam und die deutsche Kommandantur in Westerbork treffen.

    In der Antragstelle wurden alle neu im Lager Westerbork ankommenden Jüdinnen und Juden in der Zentralkartei registriert. Diese wurde im September 1944 auf Befehl des Lagerkommandanten zerstört. Es sind nur die Karteikarten der etwas mehr als 800 Juden erhalten geblieben, die sich zum Zeitpunkt der Befreiung am 12. April 1945 noch in Westerbork befanden.

    Nach Ende des Zweiten Weltkrieges nutzte das Niederländische Rote Kreuz (NLRC) die Kartothek weiter. Die NLRC-Mitarbeiter*innen nutzten die Karten, um Angaben zu den Opfern der NS-Verfolgung zu sammeln und Überlebende über das Schicksal ihrer Angehörigen zu informieren. Viele Angaben auf den Karten wurden hierfür aus anderen Quellen, wie Transport- und Deportationslisten, übernommen. Auch das Nederlands Volksherstel (NVH) arbeitete mit der Kartothek und erstellte selbst Karteikarten für Überlebende der NS-Verfolgung. Das NVH war eine Hilfsorganisation, die nach dem Krieg bei der Versorgung der Überlebenden und dem Wiederaufbau der Niederlande mithalf. 1949 wurde die Kartothek von Amsterdam in die Büros des NLRC in Den Haag gebracht.

  • Wann wurde das Dokument verwendet?

    Fünf Tage nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht am 10. Mai 1940 kapitulierten die Streitkräfte der Niederlande. Ein halbes Jahr später, im Januar 1941, wiesen die deutschen Besatzer die zentrale Registrierung aller in den Niederlanden lebenden Juden an (Verordnung zur Anmeldung von Personen, die ganz oder teilweise jüdischen Blutes sind, Nr. 6/41). Als „jüdisch“ galten nach den Vorgaben der Nationalsozialisten alle Personen mit mindestens einem jüdischen Vorfahren. Ihre persönlichen Daten einschließlich der Adressen wurden von den Gemeindeämtern gesammelt und als Listen an die Rijksinspectie van de Bevolkingsregisters (BZK) in Den Haag geschickt, die die nationale Aufsicht über die Melderegister führte.

    Am 12. Februar 1941 wurde der Judenrat in Amsterdam (nl. Joodsche Raad voor Amsterdam) auf Befehl der deutschen Besatzer gegründet und der deutschen Verwaltung unterstellt. Im Oktober 1941 begann der Judenrat auf Anweisung der Zentralstelle eine eigene Kartothek für alle in den Niederlanden lebenden Jüdinnen und Juden einzurichten.

    Um die euphemistisch als „Aus- und Umsiedlung“ bezeichneten Deportationen der Jüdinnen und Juden in Konzentrations- und Vernichtungslager zu koordinieren und zu überwachen, wurde im März 1941 eigens die Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Amsterdam gegründet. Gemeinsam mit der Rijksinspectie erstellte die Zentralstelle auf Grundlage der Meldedaten ein sogenanntes „Judenregister“. Der Judenrat in Amsterdam musste sie hierbei unterstützen und unter anderem Verwaltungspersonal bereitstellen. Die Karteien der Rijksinspectie und der Zentralstelle sowie die Formulare der Verordnung 6/41 wurden kurz nach dem Krieg vollständig vernichtet.

    Auf Grundlage des „Judenregisters“ wurden ab Juli 1942 die Deporationslisten für die jüdische Bevölkerung der Niederlande erstellt. Der Judenrat selbst hatte keinen Zugang zu diesen Unterlagen, erhielt aber die Listen der vorgeladenen Juden am Tag bevor sie sich für die Transporte nach Westerbork melden mussten. Aus diesen Listen konnte der Judenrat diejenigen streichen, die zumindest vorübergehend als unabkömmlich galten, und diese Informationen auf den Karteikarten der Kartothek notieren.

    Einen Teil der Karteikarten aus der heutigen Kartothek des Judenrats in Amsterdam erstellten das Niederländische Rote Kreuz (NLRC) und die Nederlands Volksherstel (NVH) erst in der Nachkriegszeit und sortierten sie in die bestehende Kartothek ein.

  • Wofür wurde das Dokument genutzt?

    Die heute noch existierende Kartothek des Judenrats in Amsterdam diente dem Judenrat als Grundlage für die Registrierung der Anträge auf Freistellung von der Deportation, aber auch zur Dokumentation der Schicksale der niederländischen Jüdinnen und Juden. Auf den Karteikarten wurden neben persönlichen Angaben Freistellungen von Deportationen, auch Sperren genannt, vermerkt. Jede Sperre hat eine individuelle Nummer. Es lässt sich an ihr ablesen, aus welchem Grund die Freistellung von der Deportation gewährt wurde. Die Nummern wurden auf den Karteikarten des Judenrats und in den Personalausweisen vermerkt. Sie boten aber nur einen temporären Schutz vor der Deportation.

    Wer keinen der begeehrten Freistellungsstempel erhalten konnte, musste jeden Tag mit dem Aufruf zum „Arbeitseinsatz“ rechnen, wie die Deportationen verharmlosend von den deutschen Behörden genannt wurden. Für Jüdinnen und Juden, die dem Aufruf zur Deportation entgehen wollten und für sich keine Chance zur Flucht ins Ausland sahen, gab es nur zwei Möglichkeiten: Sie mussten sich entweder einen neuen Namen und gefälschte Papiere besorgen oder, wie die Familie von Anne Frank, in einem Versteck untertauchen und auf ein Ende der deutschen Besatzungszeit hoffen. Mehr als 20.000 Juden wählten diesen Weg, um den Besatzern zu entgehen.

    Im Sommer 1942 begann in den Niederlanden die Massendeportation der jüdischen Bevölkerung. Ende September 1943 wurden der Judenrat in Amsterdam schließlich von den deutschen Behörden aufgelöst und die Judenräte ins „Polizeiliche Durchgangslager Westerbork“ verbracht. Nur eine kleine Anzahl von Jüdinnen und Juden erhielt eine Ausnahmebescheinigung, um die Verwaltungen in Amsterdam und Westerbork aufrecht zu erhalten.

    Die niederländischen Jüdinnen und Juden wurden zunächst in das „Polizeiliche Durchgangslager Westerbork“ gebracht. Von dort erfolgten zwischen Mitte Juli 1942 und Januar 1945 die Deportationen in Konzentrations- und Vernichtungslager, aber auch in kleinere Internierungslager. In über 93 Transporten wurden insgesamt ca. 107.000 Jüdinnen und Juden mit der niederländischen und der deutschen Reichsbahn deportiert, die meisten von ihnen in die Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau und Sobibor. Etwa drei Viertel der Juden in den Niederlanden wurden Opfer der NS-Verfolgung. Dies war die höchste Todesrate einer jüdischen Bevölkerungsgruppe in Westeuropa. Nur etwa 5.000 Jüdinnen und Juden aus den Niederlanden überlebten den Holocaust.

  • Wie häufig ist das Dokument?

    Fast jede Person in den Niederlanden, die nach Auffassung der Nationalsozialisten als „jüdisch“ eingestuft wurde, erhielt eine Karteikarte. Zum Teil wurden aber auch weitere Karteikarten für eine Person angelegt, wenn der Platz für die Informationen nicht mehr ausreichte.

    Im Gegensatz zum Deutschen Reich lagen den niederländischen Meldebehörden genaue Informationen wie die Anschrift, aber auch die Religionszugehörigkeit der Großeltern vor, weshalb selbst Tausende bekenntnisloser Bürger wegen ihrer Abstammung administrativ für „jüdisch“ erklärt wurden. Rund 160.000 Bürger*innen der Niederlande wurden als „ganz“ oder „teilweise jüdisch“ registriert, 22.000 von ihnen waren ausländischer Herkunft. Über 140.000 Menschen galten aufgrund ihrer Abstammung, oder weil sie drei oder vier jüdische Großeltern hatten, als „Volljuden“. Auch Jüdinnen und Juden, die vor der nationalsozialistischen Verfolgung aus dem Deutschen Reich oder dem Generalgouvernement in die Niederlande geflohen waren, erhielten Karteikarten.

    Die Kartothek des Judenrats in Amsterdam wurde in den 1970er Jahren mikroverfilmt. Das NLRC übergab 1980 insgesamt 67 Mikrofilme an den International Tracing Service (ITS), den Vorläufer der heutigen Arolsen Archives. Die Dokumente auf den Mikrofilmen wurden 1988 ausgedruckt und in den Archivbestand inventarisiert. Sie bilden heute einen eigenen Teilbestand. Anfang der 2000er Jahre wurden die schwarz-weißen Rückvergrößerungen gescannt. 2020 erhielten die Arolsen Archives 157.690 neue, farbige Scans in höherer Auflösung. Die Originalkarteikarten der Kartothek des Judenrats in Amsterdam wurden im Januar 2021 vom Nationaal Archief an das Joodse Cultureel Kwartier in Amsterdam übergeben.

  • Was ist bei diesem Dokument zu bedenken?

    Der Bestand der Kartothek des Judenrats in Amsterdam ist aus vielen verschiedenen Karteien zusammengesetzt. Ein Teil der Karteikarten stammt aus der Kriegszeit, ein Teil der Karten wurde erst nach der Befreiung der Niederlande erstellt. Die Informationen auf den Karten variieren daher stark. Auf fast allen sind die persönlichen Angaben der Jüdinnen und Juden festgehalten worden. Allerdings enthalten sie auch viele Fehler, da teilweise Geburtsdaten verwechselt wurden oder Daten aus heute unbekannten Gründen falsch angegeben sind.

    Einzelheiten über die Schicksale und die Verfolgungswege wurden erst in der Nachkriegszeit vom NLRC ergänzt. Auch hierin können allerdings fehlerhafte Angaben enthalten sein. Die Kartothek ist zudem nicht vollständig. Vor allem für Jüdinnen und Juden, die in sogenannten Mischehen lebten, also mit nicht-jüdischen Partnern verheiratet waren, erstellte der Judenrat keine Karteikarten.

    Nach dem Krieg wurden die Karteien verschiedener Abteilungen des Judenrates sowie der Antragstelle in Westerbork zusammengeführt. Die Karteikarten wurden nach phonetisch-lexikografischem System neu sortiert und durch Übersichtskarten für die häufigsten Namen und Schreibweisen ergänzt.

    Falls Sie weitere Hinweise zu diesem oder einem anderen im e-Guide vorgestellten Dokument haben, freuen wir uns über Rückmeldungen an eguide@arolsen-archives.org. Die Dokumentenbeschreibungen werden regelmäßig erweitert – und das gelingt am besten durch das gemeinsame Zusammentragen von Wissen.

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