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Dies ist eine sogenannte Messerschmittkarte für KZ-Häftlinge. Sie wurden für Häftlinge angelegt, die in zwei Außenlagern für die Messerschmitt-Werke Zwangsarbeit leisten mussten. Die Karten sind alle gleich aufgebaut und ähneln sich daher sehr. Auf manchen Karten wurde allerdings das Datum notiert oder gestempelt, an dem der Häftling in das KZ rücküberstellt worden war. Auffallend ist, dass die Qualität der Mikroverfilmungen und damit auch die Lesbarkeit der Karten teils schlecht sind.
Dies ist eine sogenannte Messerschmittkarte für KZ-Häftlinge. Sie wurden für Häftlinge angelegt, die in zwei Außenlagern für die Messerschmitt-Werke Zwangsarbeit leisten mussten. Die Karten sind alle gleich aufgebaut und ähneln sich daher sehr. Auf manchen Karten wurde allerdings das Datum notiert oder gestempelt, an dem der Häftling in das KZ rücküberstellt worden war. Auffallend ist, dass die Qualität der Mikroverfilmungen und damit auch die Lesbarkeit der Karten teils schlecht sind.
Fragen und Antworten
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Wo wurde das Dokument eingesetzt und wer hat es erstellt?
Die sogenannten Messerschmittkarten wurden für KZ-Häftlinge und ausländische Zwangsarbeiter*innen erstellt, die für die Messerschmitt-Werke in den Außenlagern Augsburg-Pfersee und Leonberg arbeiten mussten. Die Firma setzte die Häftlinge beim Bau von Jagdflugzeugen ein, was als kriegswichtiges Rüstungsvorhaben galt. Die beiden Standorte waren jeweils einem Hauptlager zugeordnet: Augsburg-Pfersee unterstand dem KZ Dachau und Leonberg war ein Außenlager des KZ Natzweiler. Zur Verwaltung aller Beschäftigten – also auch für KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter*innen – legten Verantwortliche der Messerschmitt-Werke eine eigene Personalkartei an, die sie auch selbst führten. 1944 bestand die Belegschaft der Messerschmitt-Werke zu 35 Prozent aus KZ-Häftlingen.
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Wann wurde das Dokument verwendet?
Die Karten wurden für KZ-Häftlinge angelegt, die in den letzten beiden Kriegsjahren 1944 und 1945 zur Arbeit bei Messerschmitt in Augsburg-Pfersee oder Leonberg gezwungen wurden. Weitere Karten von zivilen Zwangsarbeiter*innen, die ebenfalls in den Arolsen Archives überliefert sind, stammen hingegen schon aus dem Jahr 1942, als Messerschmitt noch keine KZ-Häftlinge beschäftigte.
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Wofür wurde das Dokument genutzt?
Die deutsche Rüstungsindustrie bemühte sich ab 1942 verstärkt um KZ-Häftlinge als Arbeitskräfte. Die Firmen konnten entweder eigene Unterkünfte für die Häftlinge stellen und die Versorgung übernehmen oder sie konnten Produktionsstätten direkt in den Konzentrationslagern einrichten. In dem Fall lieferten sie das benötigte Material sowie die Facharbeiter*innen zum Anlernen und bezahlten die KZ-Verwaltung für die Häftlinge sowie für deren Versorgung und Unterkunft im Lager. Messerschmitt tat beides: Einerseits verlagerte Messerschmitt Teile des Flugzeugbaus in die Konzentrationslager Mauthausen-Gusen, Flossenbürg oder Dachau. Es entstanden andererseits aber auch KZ-Außenlager, in die KZ-Häftlinge abgestellt wurden, wie zum Beispiel in Augsburg-Pfersee und in Leonberg.
Das KZ-Außenlager Augsburg-Pfersee wurde im Frühjahr 1944 eröffnet und bestand bis April 1945. Es war mit 1500 bis 2000 männlichen Häftlingen eines der größeren Außenlager von Dachau. Mit untergeordneten Außenlagern in Bäumenheim und Horgau wurden in Augsburg-Pfersee insgesamt über 6400 Häftlinge verwaltet, die alle für Messerschmitt arbeiteten. Wurden die Häftlinge krank oder waren die Vorarbeiter*innen nicht mit ihrer Arbeit zufrieden, konnten sie nach Dachau zurücktransportiert werden. Einen anderen Austausch gab es mit dem zwischen April 1944 und April 1945 existierenden Außenlager Leonberg. Dort mussten ca. 3000 KZ-Häftlinge aus mehr als 20 Nationen in einem stillgelegten, zweigeschossig ausgebauten Autobahntunnel Tragflächen des Flugzeugs Me262 zusammenbauen. Die Schichten im „Presswerk Leonberg“ – so der Tarnname – dauerten 12 Stunden und nur der Sonntag war arbeitsfrei. Viele der Leonberger Häftlinge waren vormals Häftlinge im KZ Dachau oder direkt im Außenlager Augsburg-Pfersee gewesen. Wenn sie nicht mehr arbeitsfähig waren, wurden sie auch ins KZ Dachau zurückgeschickt.
Bevor KZ-Häftlinge eingesetzt wurden, waren schon viele zivile Zwangsarbeiter*innen in die Messerschmitt-Fertigung eingebunden. Für Verwaltungszwecke legte Messerschmitt für alle „Mitarbeiter“ Karteikarten an, also neben den deutschen Zivilist*innen auch für Zwangsarbeiter*innen und KZ-Häftlinge. Da es für die Arbeit der verschiedenen Gruppen unterschiedliche Rahmenbedingungen gab, unterschieden sich auch ihre Karten. Die Karten von KZ-Häftlingen erkennt man daran, dass es zwei mehrstellige Zahlen gibt: die Mitarbeiternummer bei Messerschmitt in der zweiten Zeile links und die Häftlingsnummer aus dem KZ rechts neben dem Geburtsdatum. Für zivile Zwangsarbeiter*innen mussten hingegen Sozialabgaben gezahlt werden, die wiederum auf den Karten angegeben wurden. Auf den Karten waren also alle wichtigen Informationen vermerkt, die firmenintern benötigt wurden. Auch Rücküberstellungen von Häftlingen können auf den Karten festgehalten sein.
Die Messerschmittkarten wurden mit ADREMA-Maschinen (kurz für Adressiermaschinen) erstellt. Bei diesem in Deutschland sehr weit verbreiteten System, wurden verschiedene individuelle Informationen zu einer Person in Metallplatten gestanzt. Legte man die Platten in die dazugehörige Maschine ein, konnte man entscheiden, welche Angaben jeweils gedruckt werden sollten.
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Wie häufig ist das Dokument?
Im April 1974 übergab die Firma Messerschmitt-Bölkow-Blohm GmbH ihre Kartei aus den 1940er Jahren an den ITS. Dort wurden von den Karten Mikroverfilmungen angefertigt. Die schwarz-weißen Scans wurden in den digitalen Bestand des KZ Dachau aufgenommen. Die Originalkarten befinden sich auch heute noch in den Arolsen Archives.
Meist sind die Karten von beiden Seiten beschrieben. Das liegt daran, dass sie zunächst für Zwangsarbeiter*innen oder deutsche Zivilist*innen angelegt wurden. Wenn diese nicht mehr für Messerschmitt arbeiteten, wurde die Vorderseite durchgestrichen und die Rückseite für einen KZ-Häftling weiterverwendet. Daher finden sich auf den 4607 Karten Informationen zu fast doppelt so vielen Zwangsarbeiter*innen, KZ-Häftlingen und sogar zu einigen wenigen deutschen Mitarbeiter*innen. Es haben sich allerdings bei weitem nicht für alle bei den Messerschmitt-Werken beschäftigten KZ-Häftlinge Karten erhalten.
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Was ist bei diesem Dokument zu bedenken?
Die in den Arolsen Archives überlieferten Karten betreffen nur einen Teil aller KZ-Häftlinge, die für die Firma Messerschmitt zur Arbeit gezwungen wurden. Ab Frühjahr 1943 wurden die Messerschmitt-Werke zunehmend von Regensburg nach Flossenbürg und Mauthausen-Gusen verlagert. Im Hauptlager von Flossenbürg waren ein Jahr später bereits über 3000 Häftlinge beim Bau der Flugzeuge eingesetzt. Zudem gab es noch zahlreiche Außenkommandos von Flossenbürg, wie in Altenhammer, wo zum Jahreswechsel 1944/1945 ca. 560 Häftlinge für Messerschmitt Zwangsarbeit leisten mussten. Deren Karten sind nicht in den Arolsen Archives überliefert. Dort sind ausschließlich Karteikarten erhalten, die für Häftlinge aus dem KZ Dachau (Kommando Augsburg-Pfersee) und Natzweiler (Kommando Leonberg) angelegt wurden. Zu welchem der beiden Lager ein Häftling gehörte, wird aus den Karten allerdings nicht direkt ersichtlich. Das muss jeweils einzeln durch die Häftlingsnummer abgeglichen werden.
Anders als bei den Karten von Zwangsarbeiter*innen und deutschen Mitarbeiter*innen wird auf den Karten von KZ-Häftlingen nicht vermerkt, wann die Arbeit für Messerschmitt begann. Um genauere Angaben zum Verfolgungsweg zu erhalten, muss daher auf andere Quellen zurückgegriffen werden, wie zum Beispiel auf die Schreibstubenkarten des KZ Dachau. Ein Abgleich der Karten, den das Archiv der Gedenkstätte Dachau vorgenommen hat, ergab allerdings, dass die Einträge auf den Messerschmittkarten nicht immer mit anderen Quellen übereinstimmen, also fehlerhaft sein können. Wichtig ist auch, dass für viele Häftlinge mehrere Karten vorliegen können.
Falls Sie weitere Hinweise zu diesem oder einem anderen im e-Guide vorgestellten Dokument haben, freuen wir uns daher sehr über Rückmeldungen an eguide@arolsen-archives.org. Die Dokumentenbeschreibungen werden regelmäßig erweitert – und das gelingt am besten durch das gemeinsame Zusammentragen von Wissen.
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