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Die sogenannten Messerschmittkarten sind Teil einer Kartei, mit der KZ-Häftlinge und Zivilarbeiter*innen verwaltet wurden, die bei den Messerschmitt-Werken in Bayern Zwangsarbeit leisten mussten. Die Karten der zivilen Zwangsarbeiter*innen sind daran zu erkennen, dass sie fast immer durchgestrichen sind. Die Rückseiten nicht mehr benötigter Karten wurden nämlich für Angaben zu KZ-Häftlingen genutzt. Die Informationen zu den west- und osteuropäischen Zivilarbeiter*innen sind also nur durch diesen Zufall erhalten geblieben.
Die sogenannten Messerschmittkarten sind Teil einer Kartei, mit der KZ-Häftlinge und Zivilarbeiter*innen verwaltet wurden, die bei den Messerschmitt-Werken in Bayern Zwangsarbeit leisten mussten. Die Karten der zivilen Zwangsarbeiter*innen sind daran zu erkennen, dass sie fast immer durchgestrichen sind. Die Rückseiten nicht mehr benötigter Karten wurden nämlich für Angaben zu KZ-Häftlingen genutzt. Die Informationen zu den west- und osteuropäischen Zivilarbeiter*innen sind also nur durch diesen Zufall erhalten geblieben.
Fragen und Antworten
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Wo wurde das Dokument eingesetzt und wer hat es erstellt?
Die Mitarbeiter*innen der Personalabteilung der Messerschmitt-Werke in Augsburg legten die Karteikarten für die dort und in Leonberg beschäftigten zivilen Zwangsarbeiter*innen an.
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Wann wurde das Dokument verwendet?
Auf den Karten sind zivile Zwangsarbeiter*innen erfasst, die zwischen 1942 und 1945 bei der Messerschmitt AG beschäftigt waren. Es sind auch Karten von KZ-Häftlingen erhalten geblieben, die in den letzten beiden Kriegsjahren 1944 und 1945 bei Messerschmitt eingesetzt waren. Die Personalkartei war aber offenbar schon in der Vorkriegszeit angelegt worden, denn es finden sich auch Karten von deutschen zivilen Mitarbeiter*innen, die bereits in den 1930er Jahren für Messerschmitt beziehungsweise für die Bayerischen Flugzeugwerke (BFW), wie die Firma bis 1938 hieß, gearbeitet hatten.
Im April 1974 übergab die Firma Messerschmitt-Bölkow-Blohm GmbH ihre Kartei aus den 1940er Jahren an den International Tracing Service (ITS), die Vorgängerorganisation der Arolsen Archives. Dort wurden Mikroverfilmungen der Karten angefertigt, die heute auch online recherchiert werden können. Die Originalkarten befinden sich ebenfalls in den Arolsen Archives.
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Wofür wurde das Dokument genutzt?
Die Messerschmitt AG beschäftigte wie alle großen deutschen Rüstungsfirmen zivile Zwangsarbeiter*innen. Diese waren in Augsburg, dem Stammsitz der Firma, getrennt von den ab April 1944 dort ebenfalls eingesetzten KZ-Häftlingen untergebracht. Der Anteil der Zwangsarbeiter*innen nahm im Verlauf des Krieges zu. Für die Produktionsstätte in Regensburg ist bekannt, dass im April 1945 ca. 6350 – und damit fast die Hälfte der dort tätigen Arbeitskräfte – ausländische Zwangsarbeiter*innen waren. Sie waren beim Bau von Jagdflugzeugen eingesetzt, was als kriegswichtige Aufgabe galt.
Für Verwaltungszwecke legte die Personalabteilung bei Messerschmitt für alle Arbeitskräfte Karteikarten an, also neben den deutschen Zivilist*innen auch für zivile Zwangsarbeiter*innen und KZ-Häftlinge. Da es für die Abrechnung der Arbeit dieser Gruppen verschiedene Regelungen gab, unterschieden sich auch ihre Karten. Die Bedeutung der meisten Angaben ist heute leider unklar. Allerdings mussten für zivile Zwangsarbeiter*innen verschiedene Abgaben geleistet werden, die vermutlich auf den Karten der Personalabteilung vermerkt sind. Möglich sind: ausgezahlter Stundenlohn, einbehaltene Beträge für Unterkunft und Verpflegung, Abgaben für die Deutsche Arbeitsfront (DAF), für die Lohnsteuer oder für die Sozialversicherung.
Die Karten wurden mit ADREMA-Maschinen (kurz für Adressiermaschinen) erstellt. Bei diesem in Deutschland damals sehr weit verbreiteten System, wurden verschiedene individuelle Informationen zu einer Person in Metallplatten gestanzt. Legte man die Platten in die dazugehörige Maschine ein, konnte man entscheiden, welche Angaben jeweils gedruckt werden sollten.
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Wie häufig ist das Dokument?
Die Arolsen Archives verwahren 4607 der sogenannten Messerschmittkarten. Die meisten Karten sind aber von beiden Seiten beschrieben. Daher finden sich auf den 4607 Karten Informationen zu fast doppelt so vielen Personen. Wie viele für KZ-Häftlinge und wie viele für zivile Zwangsarbeiter*innen angelegt wurden, ist bisher unklar. Es sind aber bei weitem nicht für alle bei den Messerschmitt-Werken beschäftigten zivilen Zwangsarbeiter*innen Karten erhalten.
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Was ist bei diesem Dokument zu bedenken?
Auf den Karten ist die ungleiche Behandlung von zivilen Zwangsarbeiter*innen auf Grund ihrer Nationalität und ihres Geschlechts zu erkennen. Die Abgaben, die im rechten Bereich der Karte notiert wurden, sind bei sowjetischen Frauen immer geringer als bei Männern, das heißt, dass schon ihr Grundlohn geringer war. Der Unterschied zu den KZ-Häftlingen, die unbezahlt arbeiten mussten, wird beim Vergleichen der Karten ebenfalls deutlich.
Bei den Arolsen Archives sind die Messerschmittkarten nicht im Bestand mit Dokumenten zur Zwangsarbeit abgelegt, sondern im Bestand zum KZ Dachau (1.1.6.8). Der Grund dafür ist, dass auf den Rückseiten der Karten Dachauer Häftlinge genannt sind.
Anfangs warben die Messerschmitt-Werke noch Freiwillige vor allem in Westeuropa und in Italien an. Auch waren Kriegsgefangene in der Produktion eingesetzt. Wie sich deren Karten von den Dokumenten der zivilen Zwangsarbeiter*innen unterscheiden, ist leider noch nicht bekannt.
Falls Sie weitere Hinweise zu diesem oder einem anderen im e-Guide vorgestellten Dokument haben, freuen wir uns sehr über Rückmeldungen an eguide@arolsen-archives.org. Die Dokumentenbeschreibungen werden regelmäßig erweitert – und das gelingt am besten durch das gemeinsame Zusammentragen von Wissen.
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