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Bei diesem Dokument handelt es sich um eine Schreibstubenkarte aus dem KZ Mauthausen. Die einzelnen Karten der Kartei sind nahezu identisch. Nur die Karten für weibliche Häftlinge unterscheiden sich ein wenig dadurch, dass die Kategorien wie Beruf oder Religion nicht extra aufgeführt werden. Stattdessen wurden die Informationen direkt in einem Muster und ohne Kategorie festgehalten. Häftlingsschreiber*innen tippten die Schreibstubenkarten mit Schreibmaschinen; nur in seltenen Fällen gab es handschriftliche Anmerkungen.
Bei diesem Dokument handelt es sich um eine Schreibstubenkarte aus dem KZ Mauthausen. Die einzelnen Karten der Kartei sind nahezu identisch. Nur die Karten für weibliche Häftlinge unterscheiden sich ein wenig dadurch, dass die Kategorien wie Beruf oder Religion nicht extra aufgeführt werden. Stattdessen wurden die Informationen direkt in einem Muster und ohne Kategorie festgehalten. Häftlingsschreiber*innen tippten die Schreibstubenkarten mit Schreibmaschinen; nur in seltenen Fällen gab es handschriftliche Anmerkungen.
Fragen und Antworten
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Wo wurde das Dokument eingesetzt und wer hat es erstellt?
Nachdem die Neuankömmlinge zu Fuß die sieben Kilometer vom Bahnhof zum Konzentrationslager Mauthausen zurückgelegt hatten, durchliefen sie verschiedene Stellen, bei denen sie registriert wurden. Neben der Politischen Abteilung, dem Arbeitseinsatz-Büro und dem Krankenrevier wurden die wichtigsten Angaben zur Person auch in der Schreibstube für die dort verwaltete Schreibstubenkartei aufgenommen.
Häftlingsschreiber führten die Schreibstubenkartei für männliche und weibliche Gefangene im KZ Mauthausen und in den von dort aus verwalteten Außenlagern. Hierfür hielten sie alle wichtigen Informationen zu den Gefangenen in einem vorgegebenen Muster auf Papierkarten fest.
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Wann wurde das Dokument verwendet?
Es ist davon auszugehen, dass es die Schreibstubenkarten im KZ Mauthausen mindestens seit 1941 gab. Sie wurden dort bis zur Befreiung 1945 geführt. Für die ungarische Jüdin Roszi Einhorn wurde beispielsweise bei ihrer Ankunft aus dem KZ Mittelbau-Dora noch am 5. April 1945 – also vier Wochen vor der Befreiung von Mauthausen – eine Schreibstubenkarte erstellt.
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Wofür wurde das Dokument genutzt?
Schreibstubenkarten wurden benötigt, um in den einzelnen Konzentrationslagern Statistiken über die Häftlinge erstellen zu können. Eine Aufgabe der Schreibstube war es nämlich, Meldung sowohl über die Gesamtzahl der Inhaftierten (Stärkemeldung) als auch über einzelne Häftlingsgruppen zu machen. Wie entscheidend die Kartei war, erkennt man an einer Anweisung für den Lagerschreiber des KZ Mauthausen aus dem Jahr 1941. Zur „Überprüfung bezw. Abänderung der Kartei“ heißt es dort: „Diese Arbeit ist eine der wichtigsten; denn die Kartei bildet die Grundlage für eine reibungslose und geordnete Abwicklung aller vorkommenden Fragen, Rückfragen und Feststellungen. Sie muß in intensiver Kleinarbeit auf dem laufenden gehalten werden.“ (KZ-Gedenkstätte Mauthausen, F/17/01, S. 1)
Eine Besonderheit der Schreibstubenkarten von Mauthausen ist, dass auf ihnen nicht angegeben wurde, aus welchem Lager der Häftling überstellt und in welchem Block sie oder er in Mauthausen oder in einem der Außenlager untergebracht worden war. Es wurden außerdem keine Arbeitskommandos aufgeführt, wie im KZ Buchenwald, und im allgemeinen keine Verlegungen in andere Lager vermerkt, wie auf den Schreibstubenkarten des KZ Dachau. Diese Angaben hielten die Häftlingsschreiber von Mauthausen stattdessen in verschiedenen Zugangsbüchern fest, die unter anderem in der Politischen Abteilung und der Poststelle geführt wurden. Außerdem gab es im KZ Mauthausen auch eine ausführliche Blockkartei, auf deren Karten neben der Blocknummer weitere Angaben notiert werden konnten. Ausnahmen bestätigen hier allerdings die Regel, denn es gibt einzelne Schreibstubenkarten, auf denen sogar die Funktion des Häftlings im Lager genannt wurde. Grundsätzlich nahmen die Häftlingsschreiber aber nur sehr wenige handschriftliche Ergänzungen und Aktualisierungen auf den Schreibstubenkarten von männlichen Häftlingen vor.
Dies war bei den Schreibstubenkarten von weiblichen Häftlingen anders. Frauen kamen erst in den letzten Kriegsjahren in das KZ-System von Mauthausen. Sie waren vor allem ab September 1944 in den ehemals vom KZ Ravensbrück verwalteten Außenlagern untergebracht, wo sie in der Rüstungsproduktion arbeiten mussten. In das damals schon stark überfüllte Hauptlager kamen die meisten weiblichen Häftlinge erst durch die Evakuierungen und „Todesmärsche“ aus geräumten Lagern wie zum Beispiel aus den KZ Ravensbrück, Auschwitz oder Groß-Rosen und aus ehemaligen Außenlagern des KZ Flossenbürg. Wichtig ist, dass bei weitem nicht alle der etwa 10.000 Frauen, die durch Mauthausen oder eines der Außenlager kamen, registriert wurden. Viele Transporte wurden gar nicht registriert, vor allem wenn die Frauen innerhalb kurzer Zeit weiter deportiert wurden. Heute haben sich ca. 3000 Schreibstubenkarten von weiblichen Häftlingen erhalten. Diese sind an die Struktur der Karten der Männer angelehnt, die schon in der Schreibstube des KZ Mauthausen geführt worden waren, nur fehlen bei den Karten der Frauen die Rubriken vor den persönlichen Angaben. Statt den Hinweisen Beruf, Religion oder Kinder wurde direkt die Information zur Person getippt. Auf einigen Karten von weiblichen Häftlingen lassen sich auch vereinzelt handschriftliche Hinweise zum Beispiel zu Überstellungen in das KZ Bergen-Belsen finden. Es gibt auch Karten von weiblichen Häftlingen mit dem handschriftlichen Kürzel „Entl.“, das für eine Entlassung steht. Tatsächlich gab es noch kurz vor Kriegsende immer wieder kleinere und größere Entlassungen. So wurden zum Beispiel im April 1945 750 Frauen und 600 Männer während einer Hilfsaktion des Internationalen Komitee des Roten Kreuz entlassen. Der Zusatz „Entl.“ stammt also noch aus der Zeit vor der Befreiung des KZ Mauthausen.
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Wie häufig ist das Dokument?
Im Archiv des Staatlichen Museums Auschwitz-Birkenau sind insgesamt ca. 60.000 Original-Schreibstubenkarten aus dem KZ Mauthausen erhalten geblieben. Da es insgesamt fast 190.000 Häftlinge im KZ Mauthausen und den von dort mitverwalteten Außenlagern gab, sind also nicht von allen Häftlingen Schreibstubenkarten überliefert. Stichproben weisen darauf hin, dass vor allem die Karten der 65.000 Häftlinge erhalten geblieben sind, die im Mai 1945 im KZ Mauthausen befreit worden waren. Von den Häftlingen, die zuvor im Lager gestorben waren, sind bei den Recherchen bisher keine Karten gefunden worden. Ca. 3000 überlieferte Schreibstubenkarten stammen von weiblichen Häftlingen. In den Arolsen Archives sind alle Karten als Kopien bzw. als Rückvergrößerung eines Mikrofilms überliefert.
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Was ist bei diesem Dokument zu bedenken?
Anders als zum Beispiel bei den Häftlings-Personal-Karten wurde auf den Schreibstubenkarten nicht angegeben, in welchem Lager sie ausgestellt wurden. In diesen Fällen kann die Bestandsnummer weiterhelfen, die dem Dokument zugeordnet wurde. Die Schreibstubenkarten aus dem KZ Mauthausen erkennt man an der Signatur 1.1.26.
Schaut man sich Schreibstubenkarten an, kann leicht das Bild einer geordneten Registrierung in den KZ entstehen. Gerade aber bei der Ankunft von großen Massentransporten wurden die Menschen hastig und unter Schlägen und Beschimpfungen aufgenommen. Generell nutzten die SS und die Gestapo das Ankunftsprozeder, um die eigene Stärke zu demonstrieren. Daher erinnern sich viele Häftlinge an Beleidigungen, Gewalt und Schikanen bei der Aufnahme.
Falls Sie weitere Hinweise zu diesem oder einem anderen im e-Guide vorgestellten Dokument haben, freuen wir uns daher sehr über Rückmeldungen an eguide@arolsen-archives.org. Die Dokumentenbeschreibungen werden regelmäßig erweitert – und das gelingt am besten durch das gemeinsame Zusammentragen von Wissen.
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