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Hintergrundinformationen über Dokumente zu Zwangsarbeiter*innen

Die Arolsen Archives verwahren Millionen von Dokumenten zu Zwangsarbeiter*innen. Allein die sogenannte Kriegszeitkartei (Bestand 2.2.2.1) umfasst 4,2 Millionen Dokumente, die teilweise im Original vorliegen, teilweise aber auch als Kopien aus anderen Archiven stammen. Um die Dokumente zu Zwangsarbeiter*innen besser verstehen zu können, erklärt die folgende Einleitung, wer zur Arbeit gezwungen wurde, welche Regelungen bei der Registrierung für die einzelnen Gruppen galten und was zu beachten ist, wenn man sich heute mit den Dokumenten beschäftigt. Der Fokus liegt hierbei auf Dokumenten zu zivilen Zwangsarbeiter*innen. Informationen zur Zwangsarbeit von KZ-Häftlingen finden Sie hier.

Es gibt nicht die Zwangsarbeiterin oder den Zwangsarbeiter. Vielmehr waren die Menschen, die heute als Zwangsarbeiter*innen bezeichnet werden, sehr verschieden. Die Nationalsozialisten formten viele Gruppen, für die sie eigene Regeln festschrieben. Zwangsarbeiter*innen unterschieden sich in ihrer Herkunft, in ihrem Arbeitsalltag, ihren Erfahrungen und in Bezug auf ihre Überlebenschancen stark voneinander. Die Nationalsozialisten selbst benutzten die Bezeichnung Zwangsarbeiter*innen nicht. Sie sprachen verharmlosend von „Fremdarbeitern“, ausländischen oder „fremdvölkischen“ Arbeitskräften oder – bei Menschen aus der Sowjetunion – von „Ostarbeitern“. Im e-Guide wird der Begriff zivile Zwangsarbeiter*innen beziehungsweise Zivilarbeiter*innen bewusst benutzt, um sie von anderen Gruppen zu unterscheiden – wie zum Beispiel KZ-Häftlinge und Kriegsgefangene –, die ebenfalls zur Zwangsarbeit eingesetzt wurden.

Die Forschung geht von insgesamt ca. 13 Millionen Menschen aus mindestens 21 Ländern in ganz Europa aus, die im Deutschen Reich Zwangsarbeit leisten mussten. Hinzu kamen Millionen Menschen, die die Nationalsozialisten in den besetzten und kontrollierten Gebieten zu Arbeitseinsätzen zwangen. Für das Gebiet des Deutschen Reichs wird heute im Wesentlichen zwischen vier Gruppen von Zwangsarbeiter*innen unterschieden: (1) Jüdinnen und Juden im geschlossenen Arbeitseinsatz, (2) Häftlinge, (3) Kriegsgefangene und vor allem (4) ausländische Zivilarbeiter*innen. Die zahlenmäßig kleinste Gruppe bildeten Jüdinnen und Juden beziehungsweise die von den Nationalsozialisten als solche definiert wurden. Sie mussten vor ihrer Deportation in Ghettos, Konzentrations- und Vernichtungslager Zwangsarbeit leisten. Häftlinge aus Konzentrationslagern, Arbeitserziehungslagern und Gefängnissen wurden ab 1942 zunehmend zu Arbeitseinsätzen bei Firmen und Betrieben verpflichtet. Dafür bezahlten die Arbeitgeber*innen einen Tagessatz an die Lager- beziehungsweise Gefängnisverwaltungen, von dem die Häftlinge – mit wenigen Ausnahmen – nichts erhielten. Dasselbe galt für die Gruppe der Kriegsgefangenen, die deutsche Firmen, Gemeinden und Privatpersonen gegen einen festen Betrag für Arbeitseinsätze „ausleihen“ konnten. Die Behandlung der Kriegsgefangenen war in den Genfer Konventionen festgelegt, die den Einsatz in kriegswichtiger Produktion verbot. Aber die NS-Regierung hielt diese und andere Regeln nur für einzelne nationale Gruppen ein. Vor allem sowjetische und ab 1943 italienische Kriegsgefangene, sogenannte italienische Militärinternierte (IMI), wurden katastrophal behandelt. Viele überlebten die Zwangsarbeit nicht. Die vierte und größte Gruppe unter den Zwangsarbeiter*innen waren die Millionen Zivilarbeiter*innen aus ganz Europa: Frauen, Männer und Kinder, die ins Deutsche Reich kamen oder dorthin verschleppt wurden. Hierunter waren wiederum Hunderttausende ehemalige Kriegsgefangene, die – teils gegen ihren Willen – in den Status von Zivilarbeiter*innen überführt worden waren. Während die Dokumente zu Häftlingen im e-Guide separat beschrieben werden und kaum Dokumente zu Kriegsgefangenen überliefert sind, finden sich in den Arolsen Archives in Bestandsgruppe 2 Millionen von Dokumenten zu zivilen Zwangsarbeiter*innen. Daher steht ihr Schicksal im Fokus der folgenden Beschreibung. Eine ausführlichere Beschreibung der verschiedenen Gruppen von Zwangsarbeiter*innen finden Sie hier.

Weitere Informationen zu Zwangsarbeit im Deutschen Reich finden sich zum Beispiel auf den Seiten des Bundesarchivs, der Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig sowie dem Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit in Berlin-Schöneweide. Interviews mit ehemaligen Zwangsarbeiter*innen sowie weiterführende Informationen hat das Archiv „Zwangsarbeit 1939-1945“ zusammengestellt. Das Schicksal speziell von sowjetischen Zivilarbeiter*innen behandelt die Onlineausstellung „‚OST‘. Sowjetische Zwangsarbeiter im Deutschen Reich“ von dekoder.

Grundlegend für die Behandlung der zivilen Zwangsarbeiter*innen war vor allem ihre Herkunft beziehungsweise ihre Nationalität. Zwar kamen die zivilen Zwangsarbeiter*innen aus ganz Europa, es gab aber zwei große Hauptgruppen: die sowjetischen und die polnischen Zivilarbeiter*innen. Laut einer NS-Statistik waren allein im August 1944 2,1 Millionen sowjetische und 1,6 Millionen polnische Zivilarbeiter*innen im Deutschen Reich eingesetzt. Die Nationalsozialisten etablierten ein System, das besonders „slawische“ Zivilarbeiter*innen aus rassistischen Motiven diskriminierte. Wie unterschiedlich die Regeln sein konnten, lässt sich zum Beispiel daran erkennen, ob und wie frei sie sich außerhalb der Arbeit bewegen durften. Westeuropäische Zivilarbeiter*innen waren nicht eingeschränkt, während polnische Zivilarbeiter*innen nur innerhalb der Ortschaften unterwegs sein durften. Sowjetischen Zivilarbeiter*innen – den sogenannten Ostarbeiter*innen – waren lange alle Orte untersagt außer den umzäunten und bewachten Sammelunterkünften, wo sie meist in Baracken untergebracht waren, und ihrem Arbeitsplatz. Die Einschränkungen im öffentlichen Leben konnten lebensgefährlich sein, da polnische und sowjetische Zivilarbeiter*innen bei Bombardierungen keine Luftschutzbunker aufsuchen durften. Ein weiterer Punkt war das strenge Regel- und Strafsystem, das je nach Herkunft für die zivilen Zwangsarbeiter*innen galt. Schon bei kleinen Verstößen, wie dem Verlassen des Arbeitsplatzes oder wenn sie ihre Kennzeichen nicht richtig trugen, wurden vor allem polnische und sowjetische Zivilarbeiter*innen in firmeneigenen Lagern, in Arbeitserziehungslagern oder auch mit KZ-Haft bestraft. Die massiven Unterschiede spiegeln sich auch im Lohn und vor allem in der Verpflegung wider.

Neben der Herkunft war auch der Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme entscheidend für die Situation der Zivilarbeiter*innen. In den ersten Monaten nach Kriegsbeginn und der Besetzung der sowjetischen Gebiete meldeten sich Arbeiter*innen durchaus noch freiwillig. Sie glaubten den Versprechen der deutschen Werbekommissionen und hofften auf ein besseres Leben außerhalb ihrer Herkunftsländer. Vielen von ihnen wurde jedoch nach Ablauf des Arbeitsvertrags eine Rückkehr versagt. Spätestens dann wurden sie zu Zwangsarbeiter*innen. Da sich nicht genügend Menschen freiwillig zur Arbeit im Deutschen Reich meldeten, gingen die Nationalsozialisten vor allem in den besetzten Ostgebieten ab 1942 – in Polen bereits früher – zu Zwangsrekrutierungen über. Sie verschleppten die Menschen gegen ihren Willen und mit Gewalt. Der Zeitpunkt der Zwangsarbeit ist auch wichtig, weil sich die Regelungen für ausländische Arbeitskräfte immer wieder änderten. Es kamen Erlasse speziell für polnische und sowjetische Zivilarbeiter*innen hinzu, es gab Lockerungen aber auch Verschärfungen.

Letztlich war die Situation der zivilen Zwangsarbeiter*innen auch davon abhängig, wo sie eingesetzt waren. Es gab Unterschiede zwischen einzelnen NS-Gauen, zwischen Stadt und Land sowie zwischen den verschiedenen Wirtschaftsbranchen, wo in manchen gefährlichere Arbeitsbedingungen herrschten als in anderen. Grundsätzlich waren zivile Zwangsarbeiter*innen überall beschäftigt: Anfangs arbeiteten vor allem Pol*innen in der Landwirtschaft, später mussten immer mehr Personen Zwangsarbeit in der Rüstungsindustrie leisten. Es kam aber auch vor, dass sie als Kindermädchen bei Familien, für die Kirche auf Friedhöfen oder in städtischen Betrieben wie der Müllabfuhr arbeiteten. Nur weil sie die fehlenden Arbeitskräfte ersetzten, zum Beispiel die zum Kriegsdienst eingezogenen deutschen Männer, konnte die Produktion im Krieg so lange aufrechterhalten werden. Dabei konnten die Arbeitsbedingungen und die Unterbringung sehr unterschiedlich sein. In der Rüstung oder im Bergbau eingesetzte zivile Zwangsarbeiter*innen mussten oft ohne Schutzkleidung mit gesundheitsgefährdenden Substanzen hantieren und waren in großen, unhygienischen Wohnbarracken untergebracht. Hingegen waren die Bedingungen auf Bauernhöfen sehr davon beeinflusst, wie die einzelnen Familien die Zivilarbeiter*innen behandelten und versorgten. Aber auch in den Fabriken gab es Handlungsspielräume und die Situation der zivilen Zwangsarbeiter*innen hing auch dort von dem Verhalten der Deutschen in ihrem Umfeld ab.

Gerade zu Kriegsbeginn und in den ersten Monaten nach der Besetzung der sowjetischen Gebiete setzten die Verantwortlichen des Reichsarbeitsministeriums – ab März 1942 in Person des Generalbevollmächtigen für den Arbeitseinsatz (GBA) Fritz Sauckel – zuerst auf das Anwerben von Freiwilligen. Die Arbeitsämter vor Ort und sogenannte Werbekommissionen priesen die Vorteile an, die eine Arbeitsstelle im Deutschen Reich angeblich hätte. In den vom Krieg erschütterten Gebieten hatte dieses Vorgehen zunächst Erfolg und es meldeten sich durchaus Arbeitskräfte freiwillig. Doch nach und nach nahm ihre Zahl ab. Vor allem nachdem Arbeiter*innen in Briefen an ihre Familien und Freunde, bei Besuchen oder wenn sie als „arbeitsunfähig“ in ihre Herkunftsländer zurückgeschickt worden waren, über die tatsächlichen Arbeitsbedingungen berichteten, versuchten mehr und mehr Menschen in den besetzten Gebieten eine Verpflichtung zur Arbeit im Deutschen Reich zu umgehen. Da dort aber weiterhin Arbeitskräfte benötigt wurden, verschärften die deutschen Stellen ihr Vorgehen. Sie zwangsverpflichteten ganze Jahrgänge, forderten von Dörfern eine feste Anzahl von Personen, die gestellt werden mussten, oder nahmen diese bei Razzien gegen ihren Willen fest und verschleppten sie ins Deutsche Reich. Darunter befanden sich überdurchschnittlich viele Frauen und minderjährige Jugendliche. Nach einer ärztlichen Untersuchung kamen die zivilen Zwangsarbeiter*innen mit Zügen zunächst in Durchgangslagern im Deutschen Reich an. Dort wurden sie erneut ärztlich untersucht, polizeilich erfasst und von Mitarbeiter*innen der Arbeitsämter den Einsatzorten zugeteilt.

Die Nationalsozialisten übernahmen für ausländische Zivilarbeiter*innen viele der schon in der Vorkriegszeit geltenden Regelungen zur Registrierung nichtdeutscher Arbeitskräfte. Viele der im Januar 1933 veröffentlichten Regelungen in der „Verordnung über ausländische Arbeitnehmer“ galten weiterhin, wurden über die Jahre angepasst und vor allem für einzelne Gruppen verschärft. Dazu gehörten die zwingende An- und Abmeldung bei den Einwohnermeldeämtern der Kommunen, Städte und Gemeinden, denen sie zugeordnet worden waren, ebenso wie die Meldung bei Krankenversicherungen und der Ausländerpolizei. Ausländische Zivilarbeiter*innen waren auch verpflichtet, sich bei Rentenversicherungen und Berufsunfähigkeitsversicherungen – damals noch Invalidenversicherung genannt – anzumelden.

Nach dem Krieg kamen im Zuge der Ausländersuchaktion Informationen über zivile Zwangsarbeiter*innen vor allem in Form von Listen nach Arolsen. Daneben gaben deutsche Behörden wie Landratsämter, Arbeitsämter oder Polizeibehörden vereinzelt auch Originaldokumente wie Quittungskarten oder Arbeitsbuchkarten weiter. Allerdings erklärten viele Behörden in zeitgenössischen Schreiben, dass bei ihnen keine oder nur wenige Dokumente von Zwangsarbeiter*innen erhalten seien, da diese zum Beispiel bei Bränden in den letzten Kriegstagen oder auch bewusst kurz vor Kriegsende zerstört worden waren. Anfang der 1980er Jahre begann dann ein gezielter Dokumentenerwerb. Dabei kopierten und scannten die Mitarbeiter*innen des International Tracing Service (ITS), der Vorgängerorganisation der Arolsen Archives, Millionen Dokumente zum Thema Zwangsarbeit in deutschen und internationalen Archiven oder übernahmen Originale. Auf diese Weise kamen weitere Dokumente zu zivilen Zwangsarbeiter*innen nach Arolsen.

Die sogenannte Kriegszeitkartei (Bestand 2.2.2.1), in der zentral viele dieser verschiedenen Dokumente gesammelt wurden, bildet mit 4,2 Millionen Dokumenten den größten Bestand innerhalb der Arolsen Archives. ITS-Mitarbeiter*innen sortierten die Dokumente für den Zweck der Personensuche alphabetisch nach den Namen der Zwangsarbeiter*innen. Dadurch gingen jedoch auch die vielen unterschiedlichen Überlieferungszusammenhänge (Provenienzen) verloren. Anders als bei den Beständen zu KZ-Häftlingen und Displaced Persons handelt es sich bei den Zwangsarbeitsdokumenten vor allem um Scans, Kopien und Microverfilmungen aus anderen Archiven. Es kamen nach Kriegsende keine kompletten Karteien zum ITS, wie zum Beispiel die aus den befreiten Konzentrationslagern Dachau und Buchenwald. Während sich für Displaced Persons zum Beispiel mehr als 2 Millionen DP 2 Karten in den Arolsen Archives erhalten haben, gibt es kein einzelnes Dokument in Bezug auf zivile Zwangsarbeiter*innen in solch hoher Anzahl. Vielmehr nutzten die einzelnen Firmen, Kommunen und Behörden sehr unterschiedliche Formulare für dieselben Zwecke.

Wichtig ist, dass die Arolsen Archives vor allem Dokumente zu zivilen Zwangsarbeiter*innen verwahren, die im Deutschen Reich Zwangsarbeit leisten mussten. Zur Zwangsarbeit in den besetzten Gebieten sowie zu den nichtzivilen Kriegsgefangenen, die zur Arbeit gezwungen wurden, gibt es hingegen kaum Unterlagen in Arolsen. Das hängt unter anderem mit den Stellen zusammen, die nach dem Krieg die Dokumente nach Arolsen oder in andere Staats- und Landesarchive gaben: Kommunen (also Städte und Gemeinden) und Versicherungen waren für zivile Zwangsarbeiter*innen im Deutschen Reich zuständig und verfügten daher nur über deren Unterlagen.

Neben den Registrierungsunterlagen, die sich bei Behörden befanden, gab es auch Dokumente, die die zivilen Zwangsarbeiter*innen als Ausweise nutzten. Da sie diese bei sich tragen mussten, sind sie besonders selten in Archiven überliefert. In den Arolsen Archives finden sie sich dennoch in Beständen wie dem der Gestapo Würzburg (1.2.3.12) oder bei den Effekten aus den Konzentrationslagern. Zwangsarbeiter*innen, die von der Gestapo verhaftet oder mit KZ-Haft bestraft wurden, mussten diese Dokumente bei Haftantritt abgeben. Nach dem Krieg kamen die Papiere so in einer kleinen Menge nach Arolsen.

Ein besonderer Bestand in den Arolsen Archives sind die Scans der Dokumente, die befreite sowjetische Zivilarbeiter*innen bei der Rückkehr in ihre Herkunftsländer bei sich trugen. „Ostarbeiter“ wurden in der Sowjetunion als Kollaborateur*innen verdächtigt und in den vom Volkskommissariat für innere Angelegenheiten der Sowjetunion (NKWD) eingerichteten Prüf- und Filtrationslagern befragt. Die Dokumente, die man ihnen dort abnahm, haben sich teilweise in Archiven zum Beispiel in Kiew erhalten und stehen heute als Scans auch in den Arolsen Archives zur Verfügung.

Zahlreiche Dokumente, mit denen zivile Zwangsarbeiter*innen registriert wurden, gab es auch für deutsche Arbeitskräfte. Mit Ausnahme der speziellen Ausländerkarteien und Arbeitskarten galten die meisten Formulare für beide Gruppen. Gerade Firmen nutzten zum Beispiel Personalbögen ihrer deutschen Arbeitskräfte auch für die Verwaltung ihrer zivilen Zwangsarbeiter*innen. Daher finden sich auf vielen Dokumenten Fragen etwa nach Mitgliedschaften in NS-Organisationen oder leere Felder, die auf zivile Zwangsarbeiter*innen nicht zutrafen.

Eine Besonderheit können die Geburtsdaten von russischen Zivilarbeiter*innen darstellen. Durch die Kalenderreform in Russland im Februar 1918 vom julianischen zum in Europa allgemein gültigen gregorianischen Kalender „sprang“ das Datum nach vorne und 13 Tage entfielen. Teilweise wurden aber weiterhin beide Kalender in Russland genutzt, weil vor allem die Kirche an dem bisherigen festhielt. Zudem musste entschieden werden, nach welchem System man Geburtstage vor 1918 angab. So kann es sein, dass es auch auf den Dokumenten von russischen Zivilarbeiter*innen zu unterschiedlichen Angaben kam.

Da viele verschiedene Behörden die Dokumente der zivilen Zwangsarbeiter*innen erstellten, gibt es kaum einheitliche Stempel, die sich auf allen Karten und Bögen finden. Eine Ausnahme stellen die Stempel des International Tracing Service (ITS) dar, der Vorgängerorganisation der Arolsen Archives. Die ITS-Mitarbeiter*innen stempelten auf die Ausdrucke der Mikrofilme und Scans, aus welchen Archiven oder von welchen Firmen diese stammten. Meist weisen zum Beispiel die Personalkarten der Firmen oder die Einwohnermeldekarten der Städte nicht den Firmen- beziehungsweise den Ortsnamen auf. Es lohnt sich daher immer zu prüfen, ob auf der Rückseite oder am Rand Stempelangaben zu finden sind, um festzustellen, wo die Person Zwangsarbeit leisten musste. Dies ist umso wichtiger, da wegen der alphabetischen Sortierung der Kriegszeitkartei die Herkunft und die Überlieferungszusammenhänge (Provenienz) eines Dokuments oft auch nicht aus Informationen der archivischen Erschließung ersichtlich werden.